Michael Sammet untersucht Karl Lauterbachs Vorschlag für eine Krankenhausreform und warnt vor massiven negativen Folgen für die Krankenhauslandschaft und vor allem die Patienten.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat unter Hinzuziehung einer Regierungskommission einen Vorschlag für eine Krankenhausreform vorgelegt, ohne deren tatsächliche Auswirkungen nur annähernd zu untersuchen. Ein realitätsfremder Reformvorschlag vom grünen Tisch aus ins Blaue hinein mit massiven negativen Folgen für die Krankenhauslandschaft und umso drastischeren Konsequenzen für die Patienten. Nach den Vorschlägen der Regierungskommission sollen die Kliniken zukünftig in fünf Versorgungsstufen eingeteilt werden. Diese sollen entscheidend für den Finanzierungsumfang und das Leistungsangebot der Kliniken sein.
Eine aktuelle Auswirkungsanalyse im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zeigte nun, dass mit diesem Vorschlag knapp 60 Prozent der derzeitigen Klinikstandorte der untersten Stufe zugeordnet würden und damit faktisch keine Krankenhausleistungen mehr erbringen dürften. Dies würde auch Kliniken betreffen, die Leistungen mit hoher Qualität und Quantität erbringen. Die kompetente medizinische Versorgung würde in der Fläche extrem ausgedünnt.
Es hätte fatale Auswirkungen für die Patienten, die zukünftig weite Wege in Kauf nehmen müssten, um bestimmte Krankenhausleistungen noch in Anspruch nehmen zu können, zum Beispiel müssten sich über die Hälfte aller werdenden Mütter ein neues Krankenhaus für die Geburt suchen. Auch bei anderen Leistungsschwerpunkten käme es zu einschneidenden Patientenumwälzungen mit der Folge, dass auch Rettungsdienste in vielen Regionen Deutschlands erheblich weitere Anfahrten realisieren müssten, um Patienten einer adäquaten medizinischen Versorgung zuzuführen. Inhaltlich erscheint das Konzept an vielen Stellen absurd: So dürfte zum Beispiel das Krankenhaus mit den meisten Geburten deutschlandweit aufgrund von Strukturvorgaben künftig keine Geburtshilfe mehr betreiben. Mit dem jetzigen Reformvorschlag würden bewährte und sinnvolle Versorgungsstrukturen in großem Umfang zerstört.
Lauterbach wurde deutlich aufgezeigt, dass es fahrlässig ist, einen Reformvorschlag vorzulegen, ohne die Akteure miteinzubeziehen und die Folgen in den Blick zu nehmen.Vorschläge für die Umsetzung eines Strukturwandels in der Krankenhauslandschaft, von dem auch die Patienten profitieren, liegen seitens der DKG vor: Eine an Leistungsgruppen orientierte Krankenhausplanung mit entsprechenden Strukturvorgaben, die Qualität sichert, die vor Ort in den Ländern und nicht durch den Bund entschieden wird. Die Zentrierung von Leistungen auf einige wenige Leistungserbringer in Deutschland, wie vorgeschlagen, hat zur Folge, dass Patienten nur noch selten frei zwischen Krankenhäusern wählen können und damit auf wenige Kliniken angewiesen sind, unabhängig davon, ob die Qualität stimmt.
Es wird sich in den kommenden Wochen zeigen, was Lauterbach will: Eine Reform mit massivem Strukturabbau und letztlich einer Verschlechterung der Versorgung in vielen Regionen Deutschlands oder doch eine Verbesserung der Versorgung für die Bevölkerung? So oder so sollte er sich schnellstens mit den Konsequenzen seines Vorschlags auseinandersetzen und die wichtigsten Akteure, nämlich die Krankenhäuser, mit an den Tisch holen. Bei allem Verständnis für eine notwendige Krankenhausreform ist das Vorgehen des Ministers in jeglicher Hinsicht inakzeptabel und fahrlässig.
Gastkommentar in der Fuldaer Zeitung
Autor: Michael Sammet – Geschäftsführer der VinzenzGruppe Fulda und des Herz- Jesu-Krankenhauses Fulda
(Stand: 23.02.2023)