Fuldaer Zeitung: „Alarmstufe Rot“ für Krankenhäuser in Fulda: Verluste auf Rekordniveau drohen

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Die Krankenhäuser in Fulda melden „Alarmstufe Rot“. Die explodierenden Kosten von Energie, Waren und Dienstleistungen belasten die Finanzen des Klinikums und des Herz-Jesu-Krankenhauses stark. Sie fordern Unterstützung von der Politik.

Fulda – In der ersten Jahreshälfte sah es noch gut aus: Das Klinikum Fulda steuerte eine schwarze Null an, berichten die Vorstände Dr. Thomas Menzel (60) und Burkhard Bingel (59). Explodierende Kosten führen dazu, dass 2022 ein Rekordverlust von zehn Millionen Euro droht. „Das ist eine Hochrechnung. In einer ‚Worst-Case‘-Betrachtung, wenn also bei allen Unwägbarkeiten der negative Fall eintritt, endet das Jahr mit einem Defizit von zehn Millionen Euro“, berichtet Menzel. „Wir arbeiten hart dafür, dass das nicht eintritt. Unsere Einflussmöglichkeiten sind aber begrenzt“, sagt Menzel.

Fulda: Energiekrise und Fachkräftemangel – Klinikum droht Rekorddefizit
Die Preise, die die Krankenhäuser mit den Krankenkassen abrechnen können, sind festgelegt. In diesem Jahr gab es eine Erhöhung um 2,3 Prozent. Das reicht hinten und vorne nicht. Menzel warnt: „Ich will keine Panik schüren, aber die Lage in Deutschlands Krankenhäusern ist ernst. Hinzu kommt der Mangel an Fachkräften. Dabei sind wir bereits der größte Ausbilder im Landkreis. Hilfe von der Bundesregierung? Da kommt bisher nichts Konkretes.“

Nicht zuletzt die explodierenden Energiekosten belasten das Klinikum. „2021 gaben wird zwei Millionen Euro aus, 2022 sind es vier Millionen, 2023 werden es acht Millionen Euro sein“, erklärt Burkhard Bingel, Vorstand Administration. „Die Ausgaben wären jeweils doppelt so hoch, wenn wir nicht früh in zwei Blockheizkraftwerke und Fotovoltaik investiert hätten.“

Auch der Wegfall der Freihaltepauschale zum 30. Juni belastet die Bilanz. Weitere Sorgen bereitet Menzel die Notaufnahme. Die Patientenzahl steigt weiter: Menzel erwartet in diesem Jahr 46.800 Patienten. Das wären 5000 mehr als im Vorjahr und 7000 mehr als 2020. Doch die Zahl derer, die wirklich ein Krankenhaus gebraucht hätten, sinkt. Derzeit werden lediglich 32 Prozent der Patienten, die die Notaufnahme aufsuchen, anschließend stationär behandelt.

Trotz vieler Belastungen blickt das Klinikum nach vorn: Weil viele OPs in Zukunft nicht mehr stationär durchgeführt werden dürfen, hat es ein Zentrum für ambulante Medizin gegründet. „Hier erwarten wir einen starken Anstieg“, sagt Bingel. Stark wachsende Nachfrage erlebt schon jetzt die minimal invasive Herzchirurgie („hier kommen Patienten aus ganz Deutschland“), die Augenklinik, die Tumorchirurgie und die Geburtenstation. Der Vorstand bereitet sich auch auf den bevorstehenden Generationswechsel bei den Chefärzten vor. „Bei den Neubesetzungen hilft uns sehr, dass wir ein Campus der Universitätsmedizin Marburg sind“, berichtet Menzel.

Michael Sammet: „Der Staat lässt uns im Regen stehen“

„In der Corona-Pandemie waren die Krankenhaus-Mitarbeiter die Helden der Nation. Jetzt lässt der Staat uns im Regen stehen. Die explodierenden Kosten, nicht nur bei Energie, müssen wir allein schultern“, klagt Michael Sammet (52), Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses. Er habe nicht den Eindruck, dass die Bundespolitik wisse, wie kritisch die Lage der Krankenhäuser sei.

Im HJK bleibe der Kostenanstieg sogar noch halbwegs beherrschbar, weil es für Energie langfristige Verträge besitze. Doch fast alle eingekauften Waren und Dienstleistungen würden deutlich teurer. „Wenn alles gut geht, schaffen wir in diesem Jahr eine schwarze Null. Verluste können wir uns gar nicht leisten, weil es keinen starken Träger gibt, der Defizite ausgleichen könnte.“

Weil das Haus seine Rücklagen brauche, um Kostensteigerungen abzufangen, habe es Pläne für eine Erweiterung auf Eis gelegt, obwohl diese wegen steigender Patientenzahlen nötig wäre, erklärt Sammet. Gerade in den Bereichen Gynäkologie, Geriatrie und Innere Medizin stiegen die Zahlen. Weil mehr Patienten ambulant operiert werden, hat das Haus einen zusätzlichen, fünften OP in Betrieb genommen – zunächst an zwei Tagen in der Woche.

Sammet ärgert, dass der Staat die Krankenhäuser finanziell im Regen stehen lasse und ihnen darüber hinaus mit ständig neuen Meldepflichten das Leben schwer mache. „Freie Intensivbetten, Coronainfektionen, die personelle Besetzung jeder Schicht an jedem Tag – wenn wir, zum Teil auch am Wochenende, nicht rechtzeitig melden, dann drohen hohe Strafen. Das ist Wahnsinn.“

Zugleich leide das Krankenhaus darunter, dass die Zahl von Patienten mit Corona weiter hoch ist. Sammet berichtet: „Die Versorgung dieser Patienten ist für die Pflegekräfte sehr aufwendig. Wir müssen zudem Betten freihalten. Die Ausgleichszahlungen dafür sind aber ausgelaufen.“

Den vollständigen Beitrag unter Fuldaer Zeitung: https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/fulda-krankenhaus-energiekrise-fachkraeftemangel-burkhard-bingel-klinikum-herz-jesu-91814212.html
Redaktion: Volker Nies
(Stand: 28.09.2022)