Die tiergestützte Therapie hält Einzug in verschiedenen therapeutischen Bereichen. Sascha Mahnel (43) und seine beiden Hunde Nalon und Faro arbeiten im Herz-Jesu-Krankenhaus mit Kindern und Jugendlichen. Außerdem bildet Mahnel Mensch-Tier-Teams aus.
Fulda – Hunde werden unter anderem im Schulunterreicht, als Begleithunde für Menschen mit Sehbehinderung oder zur Rettung von Vermissten eingesetzt. Die Vierbeiner sind nicht nur der beste Freund des Menschen – sondern manchmal auch ein guter Therapeut.
Hund können helfen, gesund zu werden: Die Teilnehmenden der Therapie-Hunde-Team-Ausbildung und Dozent Sascha Mahnel (rechts). © Stefan Herr
Mehr als der beste Freund – Hunde als tierische Therapeuten
Das zeigt das Beispiel von Sascha Mahnel (43): Mit seinen beiden Hunden Nalon und Faro – beide Labrador-Retriever Rüden – bietet der 43-Jährige tiergestützte Therapie am Herz-Jesu-Krankenhaus in Fulda an. Er ist Ausbilder für Therapie- und Behindertenbegleithunde. In seiner tiergestützten Praxis bietet er Menschen mit Angst vor Hunden die Möglichkeit, diese abzubauen.
Die Therapie-Hunde-Team-Ausbildung umfasst etwa 200 Unterrichtsstunden und kostet rund 3200 Euro. „Die Ausbildung stützt sich auf drei Säulen. Eine davon ist Ruhe. Das bedeutet, ruhig zu bleiben, egal was passiert – das gilt natürlich auch für den Menschen. Eine weitere Säule ist, dass sich Hund und Halter vertrauen. Dabei ist wichtig, dem Tier klare und deutliche Ansagen zu machen. Außerdem sollte der Besitzer seinen Hund immer als Ko-Therapeut sehen – und nicht als reines Streichelobjekt“, erklärt Mahnel.
Die dritte Säule ist Hierarchie. „Im therapeutischen Kontext ist es ist essenziell, dass der Hund gehorcht und sich unterzuordnen weiß. Denn es können immer unvorhersehbare Situationen in der Arbeit mit Patienten entstehen. Dann gilt, dass der Hund weiß, wer die Führung hat.“
Therapie-Hunde und Herrchen durchlaufen in Fulda gründliche Ausbildung
Nach erfolgreichem Bestehen, dürfen die Therapie-Hunde-Teams in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Elisa Günther und Labrador Lola befinden sich momentan in der Ausbildung. „Ich arbeite als Ergotherapeutin in einem Fachpflegezentrum – vor allem mit Patienten mit neurologischen Erkrankungen. Dort wird unser Einsatzgebiet sein“, erklärt Günther.
Horst Limbach und Cooper, ein Mini Australian Shepherd, nehmen ebenfalls an der Ausbildung teil. „Da ich in diesem Jahr in Rente gegangen bin, habe ich mich dazu entschieden, diese Ausbildung zu machen. Weil Cooper schon immer sehr gut auf Kinder reagiert hat, möchte ich in Schulen und Kitas gehen, gegebenenfalls auch in Hospize. So kann ich in meiner Rentenzeit etwas zurückgeben, was ich hoffentlich noch lange machen kann.“
Dr. Katharina Kubera, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie möchte Labrador-Retriever Jasper in ihre tägliche Arbeit mit einbeziehen. „In der Psychotherapie arbeite ich mit Menschen in Krisen. Ich glaube, die tiergestützte Therapie hilft dabei, Kontakt zu meinen Patienten aufzubauen und ihn aufrecht zu halten.“
Die Patienten, die Sascha Mahnel mit Nalon und Faro betreut, befinden sich ebenfalls in Krisen, sind aber etwas jünger: „Ich biete die tiergestützte Therapie seit Juli 2023 in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Herz-Jesu-Krankenhauses an.“ Laut Viktoria Schmitt, Pressesprecherin des Herz-Jesu-Krankenhauses, sei schon länger geplant gewesen, tiergestützte Therapie als Baustein in der Behandlung einzusetzen.
Therapiehunde in Kinder- und Jugendpsychiatrie in Fulda im Einsatz
„Wir wissen um die positive Wirkung, die Tiere auf das Wohlbefinden von uns Menschen haben können. In vielen therapeutischen Bereichen hat die Arbeit mit Tieren daher Einzug gehalten. Deswegen haben wir lange nach einem geeigneten Therapeuten gesucht – und sind schließlich bei Sascha Mahnel fündig geworden“, erläutert Schmitt. Die hundegestützte Therapie trägt ausschließlich das Herz-Jesu-Krankenhaus.
Mahnel betreut an drei Tagen in der Woche sechs Gruppen. Zusätzlich kommen, je nach Bedarf, ein bis drei Einzeltherapien dazu. In der Gruppentherapie geht es vor allem darum, dass die Teilnehmenden Selbstbewusstsein aufbauen und lernen, Verantwortung zu übernehmen. Die Kinder und Jugendlichen sollen außerdem ihre eigenen Grenzen wahrnehmen und diese nach außen setzen“, erzählt der 43-Jährige. Das funktioniere bei Hunden gut, denn sie testeten Grenzen aus, akzeptierten aber genauso, wenn ihnen welche gesetzt werden.
Mahnel verzichtet bewusst darauf, die Diagnosen der Patienten zu kennen. „Ich möchte jeden Menschen in seiner Gesamtheit sehen und ihn nicht auf Diagnosen beschränken. Mir ist wichtig, die Kinder und Jugendlichen dort zu fördern, wo sie Schwierigkeiten haben.“ So geht Mahnel auch in der Einzeltherapie vor. „Ist jemand zurückgezogen und in sich gekehrt, nutze ich meine Hunde, um den Patienten aus der Reserve zu locken. Ich lade die Person dann zum Beispiel dazu ein, mit den Hunden zu spielen“, erklärt Mahnel.
Hunde helfen: Unsichere Kinder werden mutiger, unruhige fokussierter
Damit scheint der 43-Jährige erfolgreich zu sein. „Kinder, die unsicher sind, trauen sich nach der tiergestützten Therapie mehr zu. Patienten, die unruhig und laut sind, werden ruhiger und fokussierter“, berichtet Maureen Böttche, Funktionsoberärztin der Tageklinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Der leitende Psychotherapeut Tobias Daub stellt sogar fest, dass sich die Arbeit von Mahnel auf andere Therapien auswirkt. „Wir können in der Gesprächstherapie Bezug nehmen auf das, was in der hundegestützten Therapie passiert. Wenn sich ein Kind beispielsweise dort überwindet, etwas zu tun, was es sich vorher nicht getraut hätte, ist das etwas, auf das wir aufbauen können.“
Carmen Gomez, Stationsleiterin der Tagesklinik, ergänzt: „Die Mitarbeiter des Pflege- und Erziehungsdienstes nehmen hin und wieder als ,Beobachter‘ an den tiergestützten Therapien teil. Danach sind sie erstaunt, weil sie die Patienten von einer ganz anderen Seite kennenlernen.“
Therapiehunde könnten auch Demenz-Patienten helfen
Nicht nur für die Patienten, auch für die Mitarbeitenden sei die Anwesenheit von Nalon und Faro ein Highlight. „Die Hunde zaubern uns ein Lächeln aufs Gesicht“, sagt Nancy Oschatz, Bereichsleitung des Pflege- und Erziehungsdienstes. „Außerdem wirken sie belebend und fördern einen bewussteren Umgang miteinander.“
Der Einsatz der tiergestützten Therapie ist laut Pressesprecherin Schmitt so erfolgreich, dass es Überlegungen gibt, sie auch in anderen Bereichen einzusetzen. „Wir sehen großes Potenzial, das Angebot auf die Geriatrie auszuweiten. Gerade ältere Patienten, beispielsweise mit Demenz, könnten von den positiven Effekten wie emotionaler Stabilisierung und sozialer Aktivierung profitieren.“
Den ganzen Artikel der Fuldaer Zeitung: https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/jesu-krankenhaus-psychiatrie-therapie-hunde-ausbildung-fulda-herz-93494411.html
Redaktion: Stefan Herr
Stand: 04.01.2025