Ein Kaiserschnitt kann das Leben von Mutter und Kind retten. Doch in Deutschland ist die Rate auf Rekordniveau. Nicht jeder Kaiserschnitt ist medizinisch notwendig.
Was steckt dahinter?
Fulda – Die Liste an möglichen Nachteilen von Kaiserschnitten ist lang: ein schwieriger Stillbeginn, einerhöhtes Risiko der Kinder für Atemwegserkrankungen, für Autismus sowie Adipositas, eine möglicherweise beeinträchtigte Verbindung zwischen Mutter und Kind.
Außerdem könne es Wundheilungsstörungen und Narbenbildung am Unterbauch und an der Gebärmutter geben, so die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Der Bundesverband der Frauenärzte (BVF) fügt mögliche psychische Komplikationen hinzu, etwa das Gefühl, „versagt“ oder keine„richtige“ Geburt erlebt zu haben.
Deutliches Ost-West-Gefälle bei Kaiserschnittraten
Trotzdem ist die Kaiserschnittrate in Deutschland so hoch wie nie: 2023 lag der Anteil der Sectio unter den 667.705 Entbindungen in Krankenhäusern dem Statistischen Bundesamt zufolge bei 32,6 Prozent.Das ist mehr als eine Verdoppelung seit 1991, als der Anteil bei 15,3 Prozent lag. Der vorherige Rekord inDeutschland wurde 2011 verzeichnet, mit 32,2 Prozent. Es scheint also auch vieles für einen Kaiserschnitt zu sprechen.
Statistisch betrachtet hängt die Entscheidung dafür oder dagegen auch damit zusammen, wo man wohnt: Im Vergleich der Bundesländer ist ein deutliches Ost-West-Gefälle erkennbar. 2023 verzeichnete das Statistische Bundesamt im Saarland (36,4 Prozent) und in Hamburg (36,2 Prozent) die höchsten Kaiserschnittraten unter den Entbindungen in Krankenhäusern. Hessen lag bei 35,1 Prozent, im Jahr zuvor waren es 33,6. In Sachsen und Brandenburg lagen die Anteile 2023 mit 25,6 und 29,3 Prozent deutlich niedriger.
Rate am Klinikum Fulda gesunken
Der Anteil der Kaiserschnitte im Klinikum Fulda ist in den vergangenen drei Jahren gegen den Trend gesunken. 2022 waren es 43,2 Prozent; 2023 waren es 41 Prozent und im Jahr 2024 dann 39,6 Prozent.Wie Professor Dr. Michael Schrauder, Direktor der Frauenklinik, erklärt, sei auch der Anteil der primären, also der von Anfang an geplanten Kaiserschnitt-Geburten, gesunken: 2022: 17 Prozent, 2023: 10,3Prozent, 2024: 10 Prozent.
„Insgesamt ist allerdings im Klinikum Fulda, wie in den meisten Perinatalzentren Level 1 , die Rate anKaiserschnitten etwas höher als im Bundesdurchschnitt aller Geburtskliniken, da Zwillinge und Drillinge sowie Frühchen und besonders extrem frühe Frühchen statistisch häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden“, ergänzt Schrauder.
Im Herz-Jesu liegt die Rate aktuell bei 22,7 Prozent
2023 gab es im Herz-Jesu-Krankenhaus in Fulda insgesamt 901 Geburten, davon waren 152 Kaiserschnitte. Das entspricht einem Anteil von 16,9 Prozent, wie Dr. Alexander Dengler, Chefarzt der Frauenklinik und Geburtshilfe, erklärt. Im vergangenen Jahr waren es 814 Geburten, davon 185 Kaiserschnitte (22,7 Prozent).
„Unsere niedrige Kaiserschnittrate liegt weiterhin konstant deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt der Sectiorate und zeigt, dass eine interventionsarme Geburt unter optimalen Bedingungen möglich ist“, sagt Dengler.
Das Herz-Jesu fördere eine „selbstbestimmte Geburt“. „Uns ist es wichtig, werdenden Müttern fundierte Informationen und die Wahlfreiheit zu bieten, damit sie sich bewusst für den für sie besten Geburtsweg entscheiden können“, betont Dengler. Der Grundsatz sei: So wenig Medizin wie möglich in einem sicheren, modernen und professionellen medizinischen Umfeld. Ein Beispiel dafür sei der Hebammenkreißsaal, wo werdende Mütter, die einen komplikationslosen Schwangerschaftsverlauf hatten, ihr Kind bekommen können – allerdings im Umfeld eines Krankenhauses, wo im Notfall reagiert werden kann.
Den ganzen Artikel der Fuldaer Zeitung: https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/kaiserschnittrate-auf-rekordniveau-zahlen-gruende-und-nachteile-93574854.html
Redaktion: Daniela Petersen (mit dpa-Material)
Stand: 16.02.2025
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