Osthessen Zeitung: Kliniksterben geht weiter – Inflation belastet Herz-Jesu-Krankenhaus

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Drastisch gestiegene Kosten, Fachkräftemangel und wachsende Bürokratie, die Herausforderungen für den Erhalt der Krankenhäuser in Deutschland sind vielfältig. Wie Michael Sammet, Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses Fulda, berichtet, sei das Krankenhaus dringend auf Gewinne angewiesen, um Innovationen durchzuführen. Der Landkreis Fulda hat beschlossen, das Haus mit zehn Millionen Euro von 2025 bis 2027 zu unterstützen.

Die wirtschaftliche Lage in vielen Krankenhäusern in Deutschland sei grundsätzlich extrem angespannt und werde sich weiter zuspitzen, erklärt Sammet: „Alleine die Zahl von über 40 Klinikinsolvenzen innerhalb der letzten zwölf Monate zeigt, wie ernst die Situation derzeit ist. Dieser Trend wird sich in diesem Jahr sicher fortsetzen und verschärfen, da der Bund die Kliniken völlig im Stich lässt und das Kliniksterben bewusst in Kauf nimmt.“ Er rechnet mit zunehmend erheblichen wirtschaftlichen Problemen für viele Kliniken, die keinem Verbund angehören oder einen kommunalen Träger besitzen würden. „Das Herz-Jesu-Krankenhaus konnte zwar im letzten Jahr ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen, jedoch sind wir dringend auf Gewinne angewiesen, damit wir uns baulich weiterentwickeln und die notwendigen Modernisierungen durchführen können“, berichtet er weiter. Als freigemeinnütziges Haus könne das Herz-Jesus-Krankenhaus nicht wie zahlreiche kommunale Häuser auf die Subventionierung des laufenden Betriebes über die Kommune zurückgreifen. Daher brauche es positive Ergebnisse: „Dies stellt uns vor besondere Herausforderungen.“

Grund für die schwierige Lage seien die Personal- und Sachkostensteigerungen, erläutert der Geschäftsführer. Diese würden seit 2022 erheblich über den Preissteigerungen liegen, welche die Krankenhäuser für die erbrachten Leistungen im Haus von den Krankenkassen erstattet bekommen: „Dies kann kein Betrieb der Welt dauerhaft kompensieren.“ Eine Insolvenz befürchtet Sammet allerdings nicht: „Wir sind ein wirtschaftlich stabiler Verbund mit unter anderem fünf Krankenhausstandorten in Hessen und partizipieren hierdurch auch von entsprechenden Synergieeffekten. Zudem haben wir in den letzten Jahren solide gewirtschaftet.“ Durch die strategische Finanz- und effiziente Ressourcenplanung sei er zuversichtlich, die aktuellen Herausforderungen entsprechend meistern zu können. „Unser Hauptfokus liegt auf der Qualität der Patientenversorgung. Darum prüfen wir fortlaufend Möglichkeiten zur Optimierung, um unsere Dienstleistung weiter zum Patientenwohl zu verbessern“, erzählt er. Das Herz-Jesu-Krankenhaus packe deswegen weitere Vorhaben an, welche die Gesundheitsversorgung stärken würden: „Jüngst erfolgte die Erweiterung einer eigenen Therapieabteilung mit ambulanter Praxis ‚Therapeuticum Herz-Jesu‘ im Krankenhaus, die von dem erfahrenen Physiotherapeuten Timo Lindemann geleitet wird mit dem Bestreben, erstklassige medizinische Versorgung vor Ort anzubieten und attraktiver Arbeitgeber für die Region zu sein.“

Die künftige Finanzierung bei gestiegenen Kosten sei nur eine von mehreren Herausforderungen, gibt der Geschäftsführer an: „Der allgemeine Fachkräftemangel wird sich in den nächsten Jahren weiter massiv verschärfen, da die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge aus der Arbeitswelt ausscheiden.“ Zudem habe die ausufernde Bürokratie mittlerweile unvorstellbare Ausmaße angenommen, führt er aus: „So wie es scheint, hat der Bundesgesundheitsminister den Blick für die Basis und die Mitarbeitenden vor Ort völlig verloren, denn es kündigen sich bereits neue Gesetze an, die zu noch mehr Bürokratie führen.“ Aktuell beschäftigt sich das Bundesministerium der Gesundheit mit einer Krankenhausreform sowie einem Transparenzgesetz. Letzteres solle augenscheinlich eine bessere Übersicht über das Leistungsportfolio und die Qualität der Krankenhäuser für mehr Patientensicherheit schaffen, formuliert Sammet: „Dabei gibt es bereits Portale wie das Deutsche Krankenhausverzeichnis, über die sich Patienten informieren können und was die Patienten auch tun. Somit wird ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand ohne wesentlichen Zusatznutzen dargestellt.“ Unter dem Vorwand der Qualitätstransparenz würden so zentrale Fakten geschaffen werden für eine vorgezogene Zuordnung von Leistungsgruppen und Leveln in Kliniken vor Ort: „Dies verletzt erheblich die Planungshoheit der Länder.“ Er kritisiert die geplanten Maßnahmen: „Statt unsere Mitarbeitenden für die eigentliche Patientenversorgung zu entlasten, verlangen wir ihnen noch mehr ab und frustrieren Ärzte und Pflegekräfte mit überbordender Bürokratie.“

Sammet ist im Frühjahr zum Vizepräsidenten der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG) gewählt worden. In dieser neuen Funktion wolle er gemeinsam mit dem HKG-Vorstand versuchen auch zukünftig den hohen Standard in der Patientenversorgung sicherzustellen durch eine solide Finanzierung sowie eine starke Krankenhausstruktur. „Um das unkontrollierte Krankenhaussterben zu stoppen, ist die finanzielle Absicherung der Krankenhäuser von größter Bedeutung. Dafür benötigen die deutschen Krankenhäuser einen kurzfristigen Inflationsausgleich“, stellt er fest. Ohne eine Lösung in nächster Zeit für die Inflation werde das Krankenhaussterben weitergehen und noch schlimmer werden. „Derzeit werden Liquiditätshilfen in Aussicht gestellt sowie ein Transformationsfonds mit Blick auf die geplante Krankenhausreform und den notwendigen Strukturanpassungen der Krankenhauslandschaft.“, erzählt er. Dafür seien momentan erhebliche umfangreichere Anpassungen erforderlich angesichts der wirtschaftlichen Notlage der Krankenhäuser: „Es ist damit notwendig, dass die Regierung endlich praktikable Reformvorschläge mit ausreichender Finanzierung und einem Abbau der allseits bürokratischen Mehrbelastungen vorlegt, um auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung trotz begrenzter Personalressourcen zu gewährleisten.“

 

Den vollständigen Beitrag unter Osthessen Zeitung: https://www.osthessen-zeitung.de/einzelansicht/news/2024/februar/kliniksterben-in-deutschland-inflation-belastet-herz-jesu-krankenhaus.html?fbclid=IwAR3Rrg5PWIf22T6CvGilDkJ5G-MqwsSsMkCl2cT5AaFGwdapMlKyHk2wSQo
Redaktion: Andreas Schellenberg – Osthessen-Zeitung
(Stand: 28.0.2024)