Eine Berufung – Mit ihr fängt das Leben an: Monique Hehn arbeitet als Hebamme
Monique Hehn ist Hebamme. Sie arbeitet mit sieben weiteren Frauen in der Praxis „Kleine Wiege“ und ist außerdem im Herz-Jesu-Krankenhaus tätig. Zwischen Schmerz, Liebe und neuem Leben hat sie ihre Berufung gefunden. Teil 6 unserer Berufe-Serie „Berufen zum…“
Eichenzell – Monique Hehn macht Frühsport. Sie hebt das Bein seitlich, trainiert den Beckenboden, indem sie die Pobacken zusammenkneift oder, stärkt durch Kreisen der Arme die Muskulatur, die es braucht, um das Kind zu tragen. Zwölf junge Mütter nehmen von zu Hause aus an ihrem Rückbildungskurs teil, der etwa sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt startet und dann über acht Wochen dauert. Im Anschluss an das Training beantwortet Hehn noch Fragen. Ob es um neurodermitische Schübe des Säuglings oder eine Verlängerung der Elternzeit geht – diese Betreuung durch die Hebamme ist für die jungen Familien oft unersetzlich.
Dass es Mutter und Kind und auch dem Vater gut geht, dass der Start ins Leben so schön wie möglich gelingt, dass sich mit dem neuen Menschen eine glückliche Familie findet, ist Monique Hehn besonders wichtig. Die Hebamme lebt für ihren Beruf und stimmt selbst sofort zu bei der Frage, ob es sich bei der Geburtskunde nicht eher um eine Berufung handelt. „Reich wird man nicht als Hebamme, man arbeitet immer und viel“, sagt die 28-Jährige.
Fulda: Monique Hehn ist Hebamme mit Herz und Seele
Sie mache den Frauen vor der Geburt Mut, unterstütze sie dabei, das nötige Selbstvertrauen für eine Geburt aufzubauen und helfe Mutter und Vater dabei, für die Geburt eine Einheit zu werden, sodass diese ein Miteinander ist und die Frauen sich fallenlassen können. Die psychologische Betreuung vor, während und nach der Geburt hält Hehn für den wichtigsten Teil ihrer Arbeit.
Sie hat immer ihr Diensthandy bei sich, falls eine Mutter und ihr Kind dringend Hilfe brauchen. „Das kommt häufig vor, wenn die Brüste entzündet sind und nicht gestillt werden kann oder wenn das Baby nicht aufhört zu schreien“, nennt die Hebamme Beispiele. In solchen Fällen gibt sie alles, damit sie möglichst schnell bei Mutter und Kind sein kann, um die Schmerzen durch die Entzündung zu lindern und das Neugeborene zum Trinken zu bringen, sodass es kein Gewicht verliert.
Sich den Sorgen und Ängsten vor allem von Erstgebärenden anzunehmen, ist eine der wichtigsten Aufgaben in dem Beruf, erklärt die Hebamme. Einen Großteil des Jobs machen aus diesem Grund auch Gespräche aus und sie baut sich in ihrem eng getakteten Tagesablauf immer Zeit ein, um sich den Bedürfnissen der jungen Eltern und der Babys zu widmen. „Viele machen sich Gedanken, ob das Stillen klappt oder haben Angst, dass die Geburt zu lange dauert. Wir wollen, dass alle mit viel Vertrauen in die Geburt starten.“
Hehn wohnt in Eichenzell direkt über der Hebammenpraxis, die sie „Kleine Wiege“ genannt hat. Anfang des Jahres hat sie die Praxis mit sieben anderen Frauen eröffnet. Jede von ihnen hat ein Spezialgebiet in der Geburtskunde, sodass die Mütter nicht nur alle Schwangerschaftsuntersuchungen durchführen lassen können, sondern auch Akupunktur-Anwendungen, Yoga-Kurse und Beratungsgespräche zur Erstausstattung.
Die Räume sind mit ganz vielen Details eingerichtet: Ein Ofen soll dafür sorgen, dass bei der Krabbelgruppe und den Kursen der Raum schnell so warm wird, dass auch die Kleinsten nicht frieren müssen, geschnitzte Figuren zeigen die Geborgenheit, die eine glückliche Familie bedeuten kann, und auf einem Schild auf einem Regalbrett steht: „Herzlichen Glückwunsch zum Geborensein“.
Das Steckenpferd der Hebamme ist die Geburtshilfe
Die Geburtshilfe ist das Steckenpferd der Hebamme, auch wenn sie sich ihren Beruf nicht ohne die Begleitung der Nachsorge vorstellen kann. „Das sind so schöne Momente, ein neues Leben begrüßen zu dürfen und die Menschen dabei zu begleiten, Eltern zu werden“, schwärmt die Hebamme von ihrem Beruf. „Bei jeder Geburt muss eine Hebamme dabei sein. Sie ist die erste, die das Kind auf dem Arm hat.“ Das erklärt, warum es zwischen den Gebärenden und der Hebamme eine enge Bindung geben muss.
Auch wenn es nicht so ist, dass Hehn jeder Frau, die sie während der Schwangerschaft betreut und untersucht hat, auch während der Geburt zur Seite steht. Denn als Beleghebamme im Herz-Jesu-Krankenhaus in Fulda hat sie ganz normale Schichtdienste, in denen sie die anfallenden Geburten betreut. Obwohl sie die Versicherung für Hausgeburten, die sehr teuer ist, für die Praxis hat, machen Hehn und die anderen Hebammen aus der „Kleinen Wiege“ keine Hausgeburten. Umso schöner also, wenn sie im Krankenhaus zufällig eine der Frauen trifft, mit der sie durch die Schwangerschaft gegangen ist und deren Freuden und Ängste sie mitbekommen hat.
Auch ihre Cousine hat sie durch die Schwangerschaft begleitet und sich für den Zeitraum der Geburt Urlaub genommen, um mit ihr ins Krankenhaus fahren und bei der Geburt dabei sein zu können. Heute wird der Familienbesuch von Hehn deshalb mit einer Nachsorge-Untersuchung verbunden: Hehns Cousine Alice Hörl nimmt den schlafenden Jannes auf den Arm, der seit einer Woche auf der Welt ist und sich erst noch daran gewöhnen muss, dass es hier etwas kühler und luftiger ist als im Bauch der Mama.
Babys werden nach der Geburt regelmäßig von den Hebammen gewogen
„Du brauchst noch ein bisschen Halt, gell?“, fragt die Hebamme und nimmt seine Händchen in ihre, während seine Mutter ihm den Strampler auszieht, damit Hehn sich den Bauchnabel anschauen kann. Sie entfernt daraufhin das letzte Stückchen der Nabelschnur und überprüft den Heilprozess. „Du kriegst einen super schönen Bauchnabel“, sagt sie dem kleinen Jannes zufrieden.
Weil die Babys nach der Geburt zunächst an Gewicht verlieren, werden sie die ersten Tage nach der Geburt regelmäßig gewogen. Der kleine Jannes baut schon nach einer Woche auf – er hat schon fast sein Geburtsgewicht wieder erlangt. „Etwa 3400 Gramm, genau weiß ich es gar nicht“, sagt seine Mama. „52 Zentimeter war er groß.“ Jannes ist der zweite Sohn von Hörl. Deshalb weiß sie noch einige Dinge zur ersten Zeit nach der Geburt. Trotzdem hat sie manche Sorgen, denn die Kinder sind ganz unterschiedlich.
„Wenn die Frauen unsere Hilfe wollen, sind wir da“
„Jannes hat letztens ganz hektisch geatmet, dann kurz nicht und dann ganz langsam“, erzählt sie ihrer Cousine und Hebamme. Die kann sie beruhigen: „Das ist normal, das machen die ganz Kleinen manchmal“, weiß Hehn, und es ist der 27-jährigen Hörl anzumerken, dass ihr ein kleiner Stein vom Herzen fällt. Sie besprechen, dass der Haut vom kleinen Jannes noch etwas Mandelöl gut tun würde und dass Hörl sich nach dem Kaiserschnitt wirklich noch schonen soll. „Wir sind Dienstleisterinnen“, sagt Hehn im Anschluss an den Nachsorge-Termin. „Wenn die Frauen unsere Hilfe wollen, sind wir da.“
Und das nicht nur in Situationen wie beim kleinen Jannes, bei dem alles gut abläuft, sondern auch, wenn es zu stillen Geburten oder frühen Fehlgeburten kommt. „Das Problem ist, dass viele Frauen die 12. Schwangerschaftswoche abwarten wollen, bevor sie sich eine Hebamme suchen. Aber weil wir ständig ausgebucht sind, ist es sinnvoll, sich früh nach einer Hebamme umzuschauen“, erklärt die 28-Jährige.
Außerdem könnten sie und ihre Kolleginnen helfen, wenn schon mehrere Fehlgeburten stattgefunden haben und die Frauen fürchten, im ersten Drittel der Schwangerschaft wieder das Kind zu verlieren. „Das passiert viel öfter als man glaubt“, sagt die Hebamme. „Nur etwa ein Drittel der Kinder bleibt – es ist schon sehr wahrscheinlich, dass man da mal durch muss.“ In solchen Fällen steht sie den Eltern zur Seite, hilft den Frauen, durch die kritische erste Phase der Schwangerschaft zu kommen oder nimmt gemeinsam Abschied, wenn die Schwangerschaft doch nicht hält.
Dass abgesehen von den drei großen Ultraschallterminen auch die Untersuchungen in der Praxis durchgeführt werden können, hat den Vorteil, dass die Mütter ihre Fragen, die über das medizinische Wissen hinausgehen, bei solchen Terminen stellen können. Zum Beispiel, wenn es um den Kauf eines Kinderwagens, um Bedenken oder Themen der Ernährung geht.
Hebamme war schon immer Hehns Traumberuf, einen Plan B hat es nie gegeben. Sie war eine der ersten, die in Fulda das Studium absolvierten. Auch, wenn ihre Tage oft lang und ihre Nächte kurz sind, bereut sie die Entscheidung nicht. Sie liebt ihren Beruf. „Ich werde auch mal mitten in der Nacht angerufen – aber ich habe auch eine enge Bindung zu den Eltern und den Kindern“, sagt die Hebamme – im vollen Bewusstsein ihrer Verantwortung, ihrer Aufgaben und Pflichten und vor allem voller Liebe zum Beruf.
Quelle: Fuldaer Zeitung
Redakteurin: Alina Komorek
Foto: © Alina Komorek / Fuldaer Zeitung
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(Stand: 08.11.2021)