Als Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe Fulda, einer der größten katholischen Arbeitgeber in Hessen mit Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Kindergärten an mehreren Standorten, blickt Michael Sammet mit großer Sorge in die Zukunft. „Obwohl unser Fuldaer Herz-Jesu-Krankenhaus und auch unsere anderen Krankenhäuser vergleichsweise gut dastehen gegenüber anderen Kliniken, ist die Situation im Gesundheitswesen insgesamt so düster wie nie. In diesem Jahr müssen so viele Kliniken um ihre Existenz fürchten und stehen auf dem Prüfstand wie nie zuvor“, prognostiziert er im O|N-Gespräch. Die Krise im Gesundheitswesen und vor allem die Finanznot deutscher Krankenhäuser werde in diesem Jahr zu einer drastischen Pleitewelle führen, sofern der Bund nicht kurzfristig für einen adäquaten Inflationsausgleich sorgt. Das sei keine Schwarzmalerei, sondern auch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erhoben worden.
Schon 2023 mussten bundesweit knapp 40 Krankenhäuser Insolvenz anmelden. „Die DKG befürchtet, dass sich diese Zahl vor allem wegen stetig steigender Kosten in diesem Jahr noch verdoppelt. Die Ursache ist klar: Vor allem die Energie- und Personalkosten explodieren, ohne dass wir im Gegenzug wie in anderen Branchen die Preise entsprechend anheben könnten, um hinreichende Erlöse zu erwirtschaften und die Kosten decken zu können. Die Preise, die wir für die Krankenhausleistungen von den Krankenkassen bekommen, liegen erheblich unter den inflationsbedingten Mehrkosten – das ist das Dilemma“, beschreibt Sammet das nicht neue Problem der massiven finanziellen Herausforderungen der Kliniken. Keine Branche verkrafte es, wenn die Kostensteigerungen über einen längeren Zeitraum erheblich über den Preissteigerungen liegen. Das zeige auch die jährlich durchgeführte repräsentative Befragung von Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland, dass die Krankenhäuser ihre steigenden Ausgaben aktuell kaum noch aus den laufenden Einnahmen decken könnten.
Trotz anhaltender Problematik und einer sich massiv zuspitzenden Lage habe die Politik bislang keine faktischen Maßnahmen ergriffen, um dem Krankenhaussterben über kurz oder lang entgegenzuwirken und die Krankenhausversorgung nachhaltig sicherzustellen. Die seit rund zwei Jahren geforderte Inflationsanpassung für Krankenhäuser, finanzielle Soforthilfen oder ein handfester Gesetzesentwurf stünden noch immer aus.
„Klar ist, der Strukturwandel wird kommen. Das Ergebnis muss allerdings eine umfassend abgestimmte Reform zwischen Bund, Ländern und Krankenhausträgern sein, mit solider Finanzierung, die Reformziele effektiv unterstützt und eine flächendeckende Patientenversorgung gewährleistet, anstatt mit der qualitativen Gesundheitsvorsorge von Patienten leichtfertig zu spielen“, so Sammet.
„Wir brauchen dringend einen Inflationsausgleich“
Die Lage im Gesundheitswesen wäre noch viel schlimmer, wenn die Kommunen die in ihrer Trägerschaft befindlichen Krankenhäuser und damit die medizinische Versorgung in ihrer Region nicht finanziell subventionieren würden, dann gebe es nahezu kein kommunales Krankenhaus mehr. „Zehn Prozent Tarifsteigerungen bei den Personalkosten plus inflationsbedingte Mehrkosten bei den Sachkosten bei gleichzeitiger Preissteigerung von rund fünf Prozent, das überlebt nur, wer Rücklagen, ein finanzielles Polster oder als kommunales Haus Unterstützung von Stadt und Kreis für die Betriebskosten bekommt.“ Doch die kommunale Unterstützung könne keine Dauerlösung für dieses deutschlandweite Problem darstellen, zumal freigemeinnützige und private Träger in dieser Form und Höhe nicht auf diese Hilfen zurückgreifen können. „Deshalb brauchen wir dringend einen Inflationsausgleich, dazu gibt es keine Alternative“, konstatiert der 53-Jährige. Die Politik müsse die Frage, was uns ein funktionierendes Gesundheitswesen wert ist, jetzt mit den entsprechenden Konsequenzen beantworten.
Die finanzielle Schieflage ist nicht die einzige Sorge für den Klinikmanager, denn natürlich wirkt sich die in diesem Winter besonders ausgeprägte Welle an Atemwegs- und Erkältungskrankheiten auch auf die sowieso dünne Personaldecke der Kliniken aus. Durch die hohe Dauerbelastung und die erhöhte Ansteckungsgefahr fallen natürlicherweise auch vermehrt Mitarbeiter im Krankenhaus zum Beispiel in der Pflege aus. „Wir machen jeden Tag weiter unsere Arbeit und halten die medizinische Versorgung aufrecht.“ Das fordere viel Verantwortungsbewusstsein und ein hohes Maß an Engagement von den Mitarbeitern, deren knappe Zeit auch noch mit überbordender Bürokratie und Dokumentationspflichten vermindert werde.
„Gemeinsam werden wir auch diese Krise meistern“
Der Geschäftsführer weiß zu schätzen, dass er sich auf sein erfahrenes und hoch qualifiziertes Personal verlassen könne. Im Vergleich zu anderen Häusern vor allem im Rhein-Main-Gebiet sei die Personalsituation in unserer Region wesentlich besser, die Fluktuation halte sich in Grenzen. Das Herz-Jesu-Krankenhaus sei vorne dabei, wenn es um Gesundheit gehe. So setze man als Krankenhaus konsequent, trotz Problemen in der Kliniklandschaft, auf eine zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung mit effizienter Medizin und viel Menschlichkeit. „Wir haben auch bereits weitere bedeutende Schritte unternommen, um die exzellente Versorgung, das Wohl der Patienten und die Stärkung der regionalen Gesundheitslandschaft zu fördern. Die kürzlich erfolgte Anbindung und Erweiterung einer Therapieabteilung mit einer ambulanten Praxis „Therapeuticum Herz-Jesu“ im Krankenhaus unter der Leitung von Timo Lindemann, unterstreicht das Engagement, hochwertige medizinische Dienstleistungen vor Ort anzubieten und auch als Arbeitgeber für die Gegend attraktiv zu sein.“
Durch geplante Modernisierung- und Erweiterungsmaßnahmen in der radiologischen Fachabteilung setze das Krankenhaus einen weiteren Eckpfeiler, um den gestiegenen Anforderungen moderner Diagnostik und komplexer Versorgung gerecht zu werden. Diese strategischen Entwicklungen und weitere Planungen festigten die starke Position des Herz-Jesu-Krankenhaus als verlässlicher Partner der niedergelassenen Ärzte und der benachbarten Kliniken im Gesundheitswesen sowie bedeutende Ressource für die regionale medizinische Versorgung.
„Das Ziel ist glasklar: den kommenden Veränderungen als starkes Team vertrauensvoll entgegentreten und die Patienten in unseren verschiedenen Fachbereichen, in der Pflege bestens versorgen. Insgesamt sind wir im Herz-Jesu-Krankenhaus hervorragend aufgestellt und werden gemeinsam auch diese Krise meistern“, zeigt sich Michael Sammet überzeugt.
Den vollständigen Beitrag unter Osthessen News: https://osthessen-news.de/n11754384/geschaftsfuehrer-michael-sammet-zur-strukturellen-krise-im-gesundheitswesen.html
Redaktion: Carla Ihle-Becker – OsthessenNews
(Stand: 24.01.2024)